Es vibriert, pulsiert, und wächst.

Es brütet in dir. Haftet. Frisst sich fest, auf den Ausbruch wartend. Du musst dich schütteln, Gänsehaut umgibt deinen Körper. Du fröstelst und schwitzt. Wahrscheinlich beides zusammen. Und als du die Augen aufschlägst weißt du, dass das Monster wieder ausgebrochen ist. Denn du spürst, wie es vibriert, es pulsiert zerstörerisch und wartet auf seinen Einsatz sich zu vermehren und zu verbreiten. Du spürst wie es wächst, wie es lebt, wie es sich ernährt von deiner körperlich emotionalen Schwäche, denn du bist gerade sehr angreifbar. Den Spiegel meidest du, denn du weißt auch so wie der Ausbruch Gestalt annimmt, du erkennst auch ohne in den Spiegel zu blicken was dieses Monster aus dir macht. Du überlegst dir mit dem Messer die Lippe abzuschneiden, denn dort sitzt es. Immer nur. Nur dort. Wieder ist es ein langwieriger Prozess, das Monster wieder loszuwerden, doch ganz los wirst du es nicht. Niemals. Es schlummert, in dir, Tag für Tag, Nacht für Nacht und es wartet auf deine schwachen Momente. Und dann schlägt es zu, es ernährt sich von den Zeiten in denen du dich schon wunderst dass deine Beine dich überhaupt noch tragen, so schwach läufst du daher. Dann bricht es aus. Du bekämpfst das Monster. Immer wieder, neu. Mit deiner Stärke die du wieder zu festigen versuchst, sie duftet stark und intensiv, du beträufelst das Monster ein wenig damit, und obenauf tupfst du etwas Durchhaltevermögen, ein weiß-pudriger Film bleibt an den Lippen haften. Kosten darfst du nichts davon, denn du weißt wie das schmeckt, der Abgang ist bitter und zu viel davon Gift. Das Monster darf gerne sterben davon. Es kribbelt. Das ist das Zeichen dafür, dass es gegen deine Stärke ankämpft, es wehrt sich, gibt nochmal Gas um sich zu entfalten, aber das lässt du nicht zu. Der Kampf beginnt. Duellierend kämpfst du gegen deine eigene Schwäche an, um das Virus zu töten. So lange bis es austrocknet und verdörrt, weil es keine Tränen und kein Blut der Schwäche mehr schmeckt. Ihm fehlt die Flüssigkeit, nichts wird mehr zugeführt. Dann erst lässt das Kribbeln, Spannen und Schmerzen nach und du kannst wieder atmen. Doch richtig aufatmen kannst du erst, wenn keine Rückstände mehr auf deinem Mund zu erkennen sind, keine Bläschen, nässend und pulsierend, keine Kruste, welche sich von deinen Lippen zu lösen versucht, abgeblättert hängen Teile des Monsters ergeben nach unten. Du kannst erst aufatmen wenn keine Narben zurückbleiben, welche an das schmerzhafte Leid erinnern, und das Herpesvirus sich wieder in dein Innerstes verzieht um zu schlummern. Bis zum nächsten Ausbruch.

©Netti

12 Gedanken zu “Es vibriert, pulsiert, und wächst.

  1. Wirklich toll beschrieben! Ich liebe ja diese Texte, bei den ich während des Lesens versuche das Beschriebene zu erraten und bin am Ende immer ganz stolz, wenn meine Vermutung sich als zutreffend entpuppt.. :D

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      1. Da kann ich jetzt unmöglich „gefällt mir“ drücken. Gefällt nämlich gar nicht. Ich hatte ja sowas zum Glück noch nie, aber kenns von meiner Omi… die kämpft auch immer wieder mal mit diesen fiesen Monstern. Grausam. :-(

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